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Die Dänische Militärmusik

Ursprung der Militärmusik ist die Signalmusik. Die Truppe benötigte ein Kommunikationsmittel, mit dessen Hilfe es möglich war, Befehle laut und unmißverständlich im Felde weiterzugeben. Die Infanterie benutzte dazu Trommel und Pfeife, wohingegen die Kavallerie, (die als nobler betrachtet wurde), Trompeten und Pauken führte. Später führte die Infanterie das Signalhorn ein und verwendete für die schwierige Aufgabe des Signalisten im Felde Eleven im Alter von nur 14 und 15 Jahren.

Durch die zeremonielle Musik wuchsen jedoch Pfeife, Trommel, Trompete und Pauken andere Aufgaben zu. Paraden und sonstige Feierlichkeiten gewannen beträchtlich an Glanz und Farbe, wenn zu ihnen die Musik hinzutrat. Im Laufe des 18. Jahrhunderts kam ein Volksinstrument in Gebrauch, die Schalmei, (die später durch die Oboe ersetzt wurde). Nun konnten auch “richtige” Melodien gespielt werden, nicht nur Signale und Fanfaren. Man fand schließlich auch heraus, daß man mit Löchern und Klappen und später, als die Ventile erfunden wurden, chromatische Musik (d.h. mehr als nur die sogenannten Naturtöne)auch auf Trompeten erzeugen konnte.

Zu jener Zeit kam Europa mehr oder weniger freiwillig mit der Janitscharenmusik der Türken in Berührung, mit einer Vielzahl von Rasseln, Becken, Tamburins und den großen Trommeln. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurden diese Instrumente (Oboen, Klarinetten, Trompeten, Posaunen, Tuben, Trommeln und die Janitscharenmusik) zusammengeführt und es entstand jene Musik, die wir heute als Militärmusik kennen.

Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts folgte man in Dänemark der gleichen Entwicklung wie der Rest Europas. Die Regimenter wetteiferten untereinander, wer die größten, besten und farbenprächtigsten Musiken hatte. Sehr oft war es das Offizierskorps eines Regiments, das aus eigenen Mitteln diese Musikkorps finanzierte. Im Jahre 1842 wurde die Armee umgegliedert. An die Stelle der Regimenter traten als taktische Einheit die Bataillone, die in Brigaden zu je vier Bataillonen zusammengefaßt wurden. Damit einher ging auch eine Reorganisation der Militärmusik. Die vielen großen und farbenprächtigen Regimentsmusiken verschwanden und an ihrer Stelle wurden vier Brigademusiken aufgestellt. Sie waren 27 Musiker stark und besaßen ein Instrumentarium von Holz- und Blechbläsern sowie Schlagwerk.

Die Brigademusiken wurden durch 20 Bataillonsmusikkorps ergänzt. Das Musikkorps des Gardebataillon war hinsichtlich seiner Besetzung ausgestattet wie die Brigademusiken, wohingegen die Bataillonskapellen der Infanterie nur 17 Musiker besaßen; das Instrumentarium umfaßte ausschliesslich Blechblasinstrumente sowie Schlagwerk. Man verfolgte damit die Vorstellung, die Brigademusikkorps in den Garnisonen zu belassen, während die Brigademusiken die Truppe im Feld begleiten sollten, wo sie in das “das Weiße der Augen des Feindes blicken” konnten.

Auf diese Weise entstand die einzigartige dänische Militärmusiktradition mit dem “reinrassigen” Blech-Musikkorps. Einziger Gegenpart war die Feldmusik aus der Zeit des amerikanischen Bürgerkrieges, aber in Dänemark hatte dieser Orchestertypus weiterhin Bestand. Abgesehen von der Garde besitzen die beiden, noch verbliebenen Regimentsmusiken eine Stärke von 17-18 Musikern und führen eine reine Blechbesetzung mit Schlagwerk. Aus musikalischem Blickwinkel ist jedoch das kleine Blech-Ensemble nur der arme Verwandte des vollbesetzten Militär-Musikkorps. Mit ihm ist uns jedoch eine einzigartige Militärmusiktradition erwachsen mit eigenständiger Besetzung, dem dazugehörigen Stil und dem unverwechselbaren Klangbild. (Das dänische Musikkorps sollte keinesfalls mit der beliebten britischen Brass Band verwechselt werden, da Besetzung und Spielkultur beachtlich voneinander abweichen.)

Im Laufe des 19. Jahrhunderts verschwanden die Brigademusikkorps und aus je zwei Bataillonskapellen wurden neue Regimentsmusikkorps geschaffen. Mit Ausnahme der Garde, die ihr voll besetztes Musikkorps (mit Holz- und Blechbläsern) behielt, blieb die Blechbesetzung der Bataillonskapellen unangetastet.

Die Militärmusik war stets ein leichtes Opfer für den fiskalischen Rotstift. Im Jahre 1909 war die dänische Regierung fast schon bereit, der Militärmusik den Todesstoß zu versetzen, aber sie konnte in letzter Minute gerettet werden. In der Folgezeit wurde der personelle Bestand der Musikkorps auf nur neun Musiker reduziert, dann allerdings wieder leicht angehoben. Das Unheil schlug im Jahre 1932 zu. Trotz massiver Proteste wurden alle dänischen Musikkorps aufgelöst, nur das der Garde blieb erhalten.

1940 kamen dann große und vorzüglich ausgebildete Militärmusikkorps nach Dänemark. Sie waren allerdings deutsch und deshalb überhaupt nicht willkommen. Als Gegengewicht zur Präsenz deutscher Musik wurden vier dänische Regimentskapellen wiedererrichtet; 1953 folgte ein fünftes Musikkorps. Allerdings erhob das Gespenst der Kostenreduzierung in der Zeit nach 1970 wieder sein häßliches Haupt. Und das Ergebnis? Abgesehen von der Königlichen Leibgarde mit ihrem voll ausgebauten Musikkorps, gibt es in Dänemark nur noch zwei Regimentsmusikkorps und beide sind in Jütland stationiert.

 

Das originale Musikkorps des 8. Regiments

In der Mitte des 19. Jahrhunderts errichtet, war das Musikkorps des 8. Regiments eine der Musiken mit reiner Blechbesetzung und Schlagwerk. Es lag im jütländischen Aarhus. Um 1880 stand Musikmeister Collard an der Spitze des Musikkorps, nach 1878 war es Musikmeister Julius Bergmann. Im Jahre 1890 übernahm Ludvig Marguard Rasmussen, (der später seinen Namen in Ludvig Markwarth änderte,) den Taktstock. Sowohl Bergmann als auch Markwarth waren vorzügliche Musiker und Musikmeister, so daß das Regimentsmusikkorps des 8. Regiments den Ruf erwarb, eines der besten dänischen Militärmusikkorps zu sein.

Im Jahre 1913 herrschte in Dänemark wachsende Nervosität wegen der politischen Spannungen in Europa und die Regierung beschloss, einige Regimenter näher an die dänische Hauptstadt Kopenhagen zu verlegen. Das 8. Regiment verlegte von Aarhus nach Roskilde und das 7. Regiment von Fredericia nach Slagelse. Das Musikkorps des 7. Regiments aus Fredericia, das unter der Leitung von Musikmeister Carl Schwartz stand, wurde zum Musikkorps des 8. Regiments in Roskilde. Der Grund für diesen Tausch ist heute nicht mehr nachvollziehbar.

Das Musikkorps des 8. Regiments war in Roskilde schnell erfolgreich. Naturgemäß spielte es bei militärischen Anlässen wie Paraden durch die Stadt oder es gab Konzerte an den Residenzen der höheren Offiziere. Neben den militärischen Obliegenheiten war es den Musikmeistern gestattet, private Engagements anzunehmen und dort in Uniform aufzutreten. Die Konzerte im “Traegarden”, einem (privaten) Restaurant, zog eine große Zuhörerschaft an. Auch die Konzerte auf dem Marktplatz und im Park waren gleichermaßen beliebt.
Bis zum Jahre 1932 war das Musikkorps des 8. Regiments für seine Garnison und die Bürger von Roskilde ein gewichtiger Faktor. Schließlich wurde das Musikkorps zusammen mit den anderen Einrichtungen des dänischen Militärmusikdienstes aufgelöst, um nie wieder neu errichtet zu werden.

Aber…

 

Das heutige Musikkorps des 8. Regiments

Tatsächlich ist jedoch das Musikkorps des 8. Regiments wieder erstanden. Im Frühjahr 1986 fanden sich neun Amateurmusiker unter der Bezeichnung Hornorchester Roskilde zusammen, um Musik aus den alten Notenbüchern wieder zum Erklingen zu bringen, die einige der Musiker von den Angehörigen der früheren Regimentsmusik erhalten hatten. Obgleich ursprünglich als gelegentliche Freizeitbeschäftigung gedacht, führte die anfängliche enthusiastische Neugier zu dem Bemühen herauszufinden, wie diese zumeist handgeschriebene Blechmusik mit vollem Orchester klingen würde. Ein professioneller Dirigent (Robert Svanesoe, der vormalige musikalische Leiter der Kgl. Leibgarde) wurde verpflichtet und die Anzahl der Musiker wuchs auf ca 15 Spieler auf, was der Besetzung der alten Regimentsmusiken entsprach.
Im Mai 1988 gab das Orchester, das bis dahin nur in ziviler Bekleidung aufgetreten war, zum ersten Mal ein Konzert im Dänischen Armeemuseum unter der Bezeichnung “Musikkorps des 8. Regiments”. Zu diesem Anlass trug man die Infanterieuniform Modell 1848, die aus dem Fundus des Museums stammte.

Das Musikkorps des 8. Regiments ist immer noch ein freiwillig, semiprofessionel auftretendes Ensemble, aber es fungiert als Musikkorps der Kopenhagener Zitadelle. Mit Vergnügen nimmt die Regimentsmusik auch Auftritte außerhalb ihrer “Garnison” wahr, z.B. im Garden des Herrenhauses seines alten Standortes Roskilde. Das Musikkorps hat bereits auch in Norwegen, Schweden, Luxembourg, Belgien, Österreich, Deutschland und Frankreich gespielt, erschien in einigen Filmen und wurde für verschiedene Fernsehauftritte herangezogen.

Das Musikkorps ist wie eine typische Regimentsmusik aus der zeit von 1880 bis 1932 besetzt. Das Repertoire stammt überwiegend aus dieser Zeit als ein Konzert in einem Musikpavillon vor allem Märsche, Ouvertüren, Walzer, klassische Transkriptionen sowie Bearbeitungen zeitgenössischer Populärmusik umspannte. Das heutige Musikkorps trägt die dänische Infanterieuniform, Model 1880, also dunkelblaues Tuch mit roten Schulterbordüren (für Musiker) und einem Tschako mit roter Feder.

Auf der offiziellen Website finden sie Fotos, Artikel, Besprechungen, Konzerttermine und MP3-Files zum downloaden.